Rainer Sachse: Persönlichkeitsstörungen verstehen

Schwierige Menschen begegnen dir überall. Neurotiker, Narzissten und Psychopathen machen dir das Leben schwer. Wie man mit diesen „Persönlichkeitsstörungen“ umgehen kann, vermittelt dieses wertvolle Buch. Der Psychiatrieprofessor Rainer Sachse geht davon aus, dass Persönlichkeitsstörungen auf Beziehungsstörungen basieren, die jeder Mensch mehr oder weniger hat, und holt damit uns alle aus der Pathologisierungsfalle raus.

Zwar richtet sich das Buch an Fachleute, die es mit schwierigen Klienten zu tun haben, doch kann dieses Buch gewinnbringend auch von Laien gelesen werden, die einen schwierigen Partner, Chef oder Vereinskollegen haben, denn es ist durchweg ohne Fachchinesisch in einer sehr verständlichen Sprache verfasst worden.

Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung sind interaktionsschwierig, d.h. die Kommunikation mit ihnen ist schwierig. Will man mit Ihnen konstruktiv umgehen, benötigt man eine theoretische Basis, und die wird in knapper Form auch in diesem Buch gelegt. Man erfährt einiges über die Entstehung dieser Störungen, über die Charakteristika und Strategien dieser Beziehungsstörungen und wie man mit ihnen umgehen kann. Beschrieben werden auch die Besonderheiten der einzelnen Persönlichkeitsstörungen, von denen Rainer Sachse acht Typen unterscheidet, von denen die narzisstische, die paranoide und die zwanghafte Persönlichkeitsstörung wohl die bekanntesten sein dürften.

Im Mittelpunkt des Umgangs mit diesen Menschen steht das Modell der doppelten Handlungsregulation. Es gibt bei diesen Beziehungsstörungen nämlich zwei Ebenen: Einmal die Motivebene, wo wir es mit den Wünschen und Bedürfnissen zu tun haben, und einmal die Spielebene, wo durch manipulatives Verhalten das Bedürfnis befriedigt werden soll. Diese indirekte Art der Befriedigung von Bedürfnissen ist typisch für beziehungsgestörte Menschen, deren Kindheit sich ja dadurch ausgezeichnet hat, dass sie ihre Bedürfnisse nicht direkt befriedigen konnten. Im Umgang mit diesen Störungen sollten Angehörige und Therapeuten also zum einen unterstützend zur Motivebene sein (d.h. die wahren Bedürfnisse erfüllen helfen) und zum anderen sich konfrontativ zur Spielebene verhalten (d.h. die manipulativen Spielchen nicht mitmachen und Grenzen setzen).

Am Beispiel der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung (PAP) bedeutet das: Die Motivebene bei der PAP ist der Wunsch nach Autonomie, nach Unverletzlichkeit der Grenzen und nach Anerkennung, denn bei diesen Menschen wurden permanent emotionale und körperliche Grenzen überschritten. Auf der Spielebene bedeutet das: Interaktionspartner auf Distanz halten (Autonomieeinschränkungen bedeuten für diese Menschen nämlich eine Beeinträchtigung der eigenen Identität), aber indirekt und verdeckt.

So folgt eine Sekretärin etwa brav den Anweisungen ihres Chefs, abends noch Überstunden zu machen, sabotiert aber ihre eigene Arbeit, indem sie Fehler einbaut und so den Chef indirekt überzeugen will, ihr so spät keine Arbeit mehr zu geben. Eine offene Konfrontation mit ihrem Interaktionspartner bedeutet für Menschen mit PAP nämlich Gefahr, zumindest wenn sie diesen Partner für gefährlich halten (drohender Verlust des Arbeitsplatzes).

Beim Umgang mit passiver Verweigerung und Konfliktvermeidung sollte man als Angehöriger und Therapeut eine doppelte Strategie fahren: Alles unterstützen, wo die PAP sich öffnet und direkt seine Bedürfnisse kommuniziert und gleichzeitig klarmachen, dass Sabotage und Manipulation zum Gegenteil dessen führt, was PAP erreichen will.

In diesem Buch sind zahlreiche Beispiele von häufig auftretenden Beziehungsfallen geschildert, sodass es mit Gewinn von professionellen Helfern als auch von Angehörigen und Betroffenen gelesen werden kann.

Rainer Sachse: Persönlichkeitsstörungen verstehen – Zum Umgang mit schwierigen Klienten, Psychiatrie Verlag, 2013, 120 Seiten, 19,95 €

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